- Hans-Joachim Czirski
Es ist zum Wahnsinnig werden!
Wie lange dauert die Ausbildung im Bereich des Rechts zu einem beamteten Veterinär oder „Amtsveterinär“?
In jedem Beruf wird vorausgesetzt, dass man mit den dafür geltenden Gesetzen und Verordnungen klar vertraut ist. Wieso ist es in den Veterinärämtern dann nicht bekannt, dass eine Rechtsnorm in einem Gesetz oder einer Verordnung keine Rechtsgrundlage für Eingriffsmaßnahmen darstellt.
Jede Handlung einer Behörde stellt (außer rein verwaltungsinterne Handlungen) immer auch einen Eingriff in die Grundrechte eines Menschen dar!
Ein Hund steht bekanntermaßen im Besitz/Eigentum eines Menschen. Demnach ist eine Anordnung, bei dem Hund etwas zu unterlassen oder vorzunehmen auch gleichzeitig ein Eingriff in die Grundrechte des Menschen!
Es sollte zudem innerhalb der Behörde bekannt sein, dass, wenn in einem Gesetz steht, dass eine „Verordnung“ Näheres regelt, bei Fehlen einer solchen Verordnung grundsätzlich keine Hilfskonstrukte als Ersatz erstellt werden dürfen. Folglich gibt es auch keine Rechtsgrundlage für irgendwelche Anordnungen – gleich welcher Art.
Warum mich das aufregt?!
In § 10 der Tierschutz-Hundeverordnung vom 25.11.2021 steht, dass die Ausstellung verschiedener Hunde mit bestimmten Merkmalen verboten ist. In diesem Zusammenhang fällt dann einigen Amtsveterinären ein, dass im § 11 b Tierschutzgesetz „Qualzuchten“ verboten sind. Einige drohten daraufhin sogar weitergehende Maßnahmen, als nur das Ausstellungsverbot an. Teilweise erfolgte dies sogar mit dem Hinweis darauf, dass die Zucht ein Verstoß gegen § 17 Tierschutzgesetz und damit strafbar sein könnte.
„Es ist verboten, Wirbeltiere zu züchten, wenn der Züchter damit rechnen muss, dass bei der Nachzucht auf Grund vererbter Merkmale Körperteile oder Organe für den artgemäßen Gebrauch fehlen oder untauglich oder umgestaltet sind und hierdurch Schmerzen, Leiden oder Schäden auftreten.“ (Auszug aus dem Tierschutzgesetz von 1986)
Dieser Absatz wurde mit kleinen redaktionellen Änderungen in das Tierschutzgesetz von 1998 und 2012 übernommen und führte im Jahr 2005 vermutlich zu dem „Gutachten zur Auslegung von § 11b des Tierschutzgesetzes (Verbot von Qualzüchtungen)“[1].
Liest sich soweit ganz gut – wenn es da nicht den § 11 Abs. 4 TierSchG gäbe:
„Das Bundesministerium wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates (…) das Züchten mit Wirbeltieren bestimmter Arten, Rassen und Linien zu verbieten oder zu beschränken, wenn dieses Züchten zu Verstößen gegen Absatz 1 führen kann.“
Von dieser Ermächtigung des Bundesministeriums wurde nie Gebrauch gemacht, d. h. aber nicht, dass die Ämter nun einfach das Gutachten als Entscheidungsgrundlage nehmen dürfen. Eine solche Grundlage kann ausschließlich nur eine Verordnung mit klar definierten und nachvollziehbaren Kriterien sein, die möglichst wenig Spielraum für abenteuerliche und willkürliche Interpretationen lassen.
Bei aller angebrachten Kritik an Qualzuchten und deren Konsequenzen für jedes leidende Individuum muss man sich fragen, warum offensichtlich ausschließlich Hunde von Ausstellungsverboten, bzw. Betretungsverboten betroffen sind. Leidet denn eine nebenan ausgestellte brachyzephale Katze weniger als anderes Säugetier? Hängen die Qualzuchtmerkmale und die Konsequenzen von der Tierart ab?
Autorenportrait
Hans-Joachim (Hajo) Czirski
arbeitet bei: ProHunde
Hauptfokus: Verbandsleitung
kommt aus: Zernien
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